#275 – retro PC madness – Tema TC DT325SX – IV

Irgendwie fängt alles immer so harmlos an. Da will man nur mal schnell ein paar Spiele installieren und sich ansehen, wie diese in ihren jeweiligen 16-Farben-EGA-Versionen aussehen und prompt stößt man auf eine Vielzahl an Problemen. Tja, was soll man machen – so ist das eben, wenn man sich mit 30 Jahre alter Technik beschäftigt. Selbst schuld, lieber retrololo! 😛

Laber Rhabarber – kommen wir lieber schnell zurück zum Thema. Beim letzten Mal haben wir ja schon festgestellt, dass uns der Speicherplatz auf unserer 89 MB-Festplatte ausgeht. Schlappe 3 MB haben wir nur noch zur Verfügung!

Es hilft nichts – wir brauchen mehr Platz. Doch wo soll der herkommen? Solche alten Festplatten wachsen leider nicht auf Bäumen und sind mittlerweile ziemlich rar gesät. Ein funktionierendes Modell zu einem akzeptablen Preis zu ergattern ist eine wahre Herausforderung. Würdet ihr 50-150€ für eine alte Festplatte mit ein paar hundert Megabyte ausgeben? So verrückt bin nicht mal ich! 😛

Ich trau es mich ja wieder fast gar nicht zu sagen, aber es hat mich mehrere Monate (!) gekostet, dieses gute Stück hier für 11€ zu ergattern:

Hier haben wir eine Seagate „ST5850A“ mit 854 MB. Die Festplatte ist für ihren Formfaktor (3,5“) ungewöhnlich kurz und sollte so prima in unseren Retro-PC reinpassen, oder? Der Einbau ist prinzipiell kein Problem, allerdings muss man konzentriert vorgehen und die typischen Stolpersteine im Kopf behalten. Dazu gehören so Dinge wie das korrekte Anschließen der Platte am IDE-Bus, das Jumpern des Datenträgers oder die Eingabe der Geometriedaten im BIOS.

Leider habe ich es ums Verrecken nicht hinbekommen, dass der Rechner beide Platten (also die alte Seagate ST3096A und die neu gekaufte ST5850A) parallel erkennt. Trotz korrekt gewählter BIOS- und Jumpereinstellungen wird das Slave-Gerät (egal ob es sich dabei um die alte oder die neue Platte handelt) nicht erkannt. Ich vermute, dass es mit dem IDE/ATA-Controller zusammenhängt, aber nach Stunden des Herumprobierens habe ich eigentlich auch keinen Nerv, der Sache weiter nachzugehen. Man muss wissen, wann man einen Kampf verloren hat! 😀

Kein Problem, Plan B – wir verwenden einfach nur die neue Platte! Diese sollte mit der knapp zehnfachen Kapazität ja auch so genügend Platz bieten. 🙂 Eine gute Idee, doch trotzdem würde ich gerne die Daten von der alten Platte irgendwie auf den neuen Datenträger kopieren. Schließlich will ich nicht alle bisherige Arbeit (Kopieren / Installieren von zahlreichen Spielen) nochmal machen!

Um das zu bewerkstelligen, habe ich die Platten jeweils abwechselnd in einen anderen Computer (den Proline-PC aus Artikel 263) eingebaut und die Daten gesichert, bzw. auf die neue Platte kopiert. Ich weiß – definitiv nicht die eleganteste Lösung, aber was Besseres ist mir spontan nicht eingefallen.

Not so Fun Fact: Beim Einbau in ein anderes PC-System muss man natürlich auch wieder aufpassen, wie die Platten gejumpert sein müssen, um erkannt zu werden. Es hat mich einiges an Zeit gekostet, bis ich gerafft habe, dass man auch an der primären Festplatte explizit einen weiteren Jumper setzen musste, der dem System, bzw. der primären Festplatte mitteilt, dass ein zweites Gerät mit am Kabel hängt! Uff, das muss man wissen… :/

Damit ist es aber leider noch nicht getan, denn nur durch das Kopieren der Dateien lässt sich DOS nicht von der neuen Platte starten. „Betriebssystem fehlt“, spuckt uns das System entgegen:

Na so was, dabei haben wir doch alle relevanten Dateien auf die Platte kopiert, oder? Um DOS auf die neue Platte umzuziehen, müssen wir zusätzlich mit einer Startdiskette den SYS-Befehl für die neu erstellte Partition ausführen. Dieser installiert bootbaren Code in den Bootsektor (den ersten logischen Sektor) des Datenträgers, kopiert die DOS-Startdateien und den Befehlsinterpreter auf das Laufwerk und macht das DOS-System so letztendlich startfähig.

So, jetzt können wir aber endlich die neue Platte benutzen, oder? Schön wär’s! Der Rechner fährt zwar wieder von der Festplatte hoch, allerdings sieht es so aus, als könnten wir nur ca. 311 MB der neu eingebauten Festplatte verwenden. Woran liegt das denn jetzt? 🙁

Fun Fact: Das Bild rechts oben habe ich mit dem Tool „SYSCHK“ gemacht. Das hatte ich praktischerweise noch auf einer Diskette herumliegen – direkt neben ein paar anderen Tools, welche wir aus Artikel 253 schon kennen! 😉

In Artikel 254 habe ich ja schon erklärt, wieso sich in einigen Fällen nicht die komplette Kapazität von IDE-Datenträgern unter DOS verwenden lässt. Im Endeffekt ist es eine Kombination aus den Beschränkungen des BIOS, dem Betriebssystem DOS sowie der Art und Weise, wie auf den Datenträger zugegriffen wird (Stichwort CHS-Verfahren). Konkret bedeutet das, dass wir mal wieder von dem 504-MB-Limit betroffen sind. Via DDO-Software (z.B. EZ-Drive) könnten wir nun versuchen, Laufwerkstreiber von der kleineren Festplatte beim Systemstart zu laden, um die volle Kapazität der größeren Festplatte zu nutzen – so wie wir es in Artikel 254 gemacht haben. Das hilft uns nur leider nichts, da an dem IDE-Controller ja keine zweite Platte erkannt wird. Mist. Und jetzt?

Tatsächlich habe ich noch eine andere Möglichkeit gefunden! Die ST5850A-Festplatte unterstützt einen sog. „Dual-drive emulation“-Modus. Dabei wird die Platte einfach virtuell in zwei gut 400 MB große Datenträger (Laufwerk C: und D:) aufgeteilt, sodass sie von dem 504 MB Limit nicht betroffen ist. Aus Sicht des Computers sind zwei Platten verbaut, ein Master und ein Slave – clever! 🙂

Damit das klappt, müssen ein paar Jumper an der Platte umkonfiguriert werden. Ebenso müssen wir die gesplittete Platte mit veränderten Geometriedaten dem BIOS bekannt machen:

Not so fun Fact: Ein kleiner Nachteil dieser Lösung ist, dass auf Grund der virtuellen Aufteilung in zwei Laufwerke dann kein echtes, zweites Laufwerk als Slave mehr in dem PC verbaut werden kann. Da das bei den bisherigen Versuchen aber sowieso nicht funktioniert hat, kann ich mit der Einschränkung gut leben! 😀

Soweit so gut, jetzt müssen wir die „beiden“ neuen Laufwerke nur noch partitionieren und formatieren. Moment – das heißt dann aber auch, dass alle schönen Daten, die wir bereits mühsam darauf kopiert haben wieder weg sind?! Seufz, sieht so aus, als müssten wir die Kopieraktion (samt Umbau der Platte in einen anderen Rechner) dann wohl noch mal machen. Doch darüber brauchen wir uns wohl vorerst gar keine Gedanken machen, denn es kommt noch besser: Scheinbar verweigert das von Microsoft gelieferte Partitionierungstool „fdisk“ uns den Dienst und stürzt mit einer kryptischen Fehlermeldung ab. Ich sag’s euch – wenn es läuft, dann läuft‘s! xD

Gut, dass es mit „XFDisk“ ein kostenloses Tool gibt, welches einerseits mehr Komfort bietet und tatsächlich auch mit unserer virtuell geteilten Festplatte funktioniert. Um das zu starten, habe ich den PC von einer 5,25“-Startdiskette (MS-DOS 5.0) (Laufwerk A:) hochgefahren und anschließend das Tool über eine 3,5“-Diskette (Laufwerk B:) ausgeführt. Und siehe da – auf Anhieb werden beide Laufwerke erkannt und lassen sich als zwei eigenständige, primäre Partitionen aufteilen. Endlich klappt mal was! 🙂

Jetzt müssen wir die frisch partitionierten Laufwerke C: und D: nur noch formatieren. Leider lässt uns auch hier der in MS-DOS 5.0 eingebaute FORMAT-Befehl (welchen ich ebenfalls von der Startdiskette ausführen muss, da auf der Festplatte ja noch kein Betriebssystem vorhanden ist) im Stich und bleibt einfach direkt vor dem Formatierungsvorgang hängen:

Was zum Geier geht hier ab? Ich habe das Gefühl, dass wir von einem Problem zum nächsten stolpern. Schon sehr ärgerlich das alles. Ich könnte mir vorstellen, dass das FORMAT-Programm von DOS 5 einfach nicht mit der virtuellen Platte zurechtkommt – so wie schon der „FDISK“ zuvor. Es hilft nichts, wir müssen uns wohl oder übel mit Hilfe der Software „Rawrite“ (ein Tool zum Schreiben von Image-Dateien) und einem für 1,2MB große 5,25“-HD-Disketten modifizierten DOS 6.22-Image eine neue Bootdiskette erstellen. Seid ihr noch wach? 😀

Fun Fact: Die MS-DOS 6.22-Startdiskette habe ich auf dem Tech-1260-PC aus Artikel 233 erstellt. Echt gut, dass wir in der Vergangenheit schon ein paar solcher alten Rechner zum Laufen bekommen haben, andernfalls wären wir an dieser Stelle völlig aufgeschmissen! xD

Und siehe da – der FORMAT-Befehl aus der neueren DOS-Version verrichtet problemlos seinen Dienst und im Nu sind beide Laufwerke (C: und D:) formatiert – Juhu, Fortschritt! 🙂

Not so fun Fact: Die zweite Partition sollte sicherheitshalber als logische Partition in einer erweiterten Partition angelegt werden. Einige ältere DOS-Versionen- und Programme haben ein Problem damit, wenn mehr als eine primäre Partition auf einer Festplatte existiert.

Jetzt können wir aber endlich auf die beiden, soeben formatieren Laufwerke zu greifen, oder? Tja, weit gefehlt. Während ein Zugriff auf die primäre Partition (Laufwerk C) einwandfrei klappt, bekommen wir beim Zugriff auf das D:-Laufwerk eine Fehlermeldung:

Ich schwör es euch, so langsam beschleicht mich das Gefühl, dass es einfach nicht sein soll! 🙁 An dieser Stelle folgten einige Stunden wildes (um nicht zu sagen planloses) herumprobieren, bis ich endlich auf die Lösung gekommen bin. Der Tastaturtreiber „KEYBOARD.SYS“, welcher zur Auswahl des deutschen Tastaturlayouts verwendet wird, spuckt uns in die Suppe – kein Witz! Sobald wir die Zeile in der AUTOEXEC.BAT auskommentieren, funktioniert es. Unfassbar – ich hätte mit so ziemlich allem gerechnet, aber nicht damit! 😀

Not so fun Fact: Ich kann euch gar nicht sagen, wie lange ich gebraucht habe, um das herauszufinden. Letztendlich ist es mir nur aufgefallen, weil der Zugriff auf das Laufwerk von einer Startdiskette (ohne AUTOEXEC.BAT und CONFIG.SYS) problemlos funktioniert hat! Durch Kopieren der beiden Dateien auf die Diskette und dem zeilenweisen Auskommentieren bin ich dann dahinter gekommen…

Logisch erklären lässt sich das nicht wirklich, aber das soll uns jetzt egal sein. Dann arbeite ich halt mit dem englischen Tastaturlayout, wenn es der Rechner nicht anders haben möchte. Hauptsache der Zugriff auf die zweite Partition klappt jetzt:

Tief durchatmen, damit ist doch hoffentlich das Schlimmste schon geschafft, oder? Jetzt müssen wir doch eigentlich nur wieder die von der ausgebauten Platte auf den Proline-PC gesicherten Daten auf die formatierte C:-Partition übertragen und das Laufwerk bootfähig machen, oder? Guter Plan, doch leider haut das jetzt nicht mehr hin! Selbst wenn wir, die neue Festplatte wieder in den Proline-PC einbauen und als Slave anschließen, dann wird sie dort nicht mehr erkannt, weil ja durch den Dual-drive-emulation-Modus Master- und Slave-Bus belegt sind. Glaubt mir, ich habe es ausprobiert, der Rechner fährt dann einfach gar nicht mehr hoch. 🙁

Und es kommt noch schlimmer – den Jumper auf Slave (anstatt Dual-drive-emulation) zu setzen, hilft uns aber auch nicht, weil zwar dann der Proline-PC wieder startet, die beiden Partitionen aber nicht mehr erkannt werden. Für den Tema TC-Computer bedeutet das im Klartext: Im Endeffekt haben wir jetzt zwei leere Laufwerke, können aber keine Daten darauf spielen, weil wir keine Möglichkeit haben ein weiteres Laufwerk anzuschließen. Ein klassisches Henne-Ei-Problem!

Not so fun Fact: Ich habe auch versucht, die Platte mit einem IDE-to-USB-Adapter an einen modernen PC anzuschließen, aber auch das hat nicht funktioniert, weil diese Adapter nur die LBA-Adressierung unterstützen und leider nicht mit der alten CHS-Adressierungsmethode der Festplatte klarkommen.

Jetzt ist guter Rat teuer. Entweder wir fangen nochmal bei Null an, installieren Betriebssystem, alle Treiber sowie alle Spiele erneut, oder wir müssen eine Möglichkeit finden, die gut 85 MB an Daten irgendwie auf den Rechner zu bekommen. Eine Möglichkeit wäre es, ein uraltes CD-ROM-Laufwerk mit speziellem CD-ROM-ATAPI-Controller (oder alternativ eine Sound-Karte mit entsprechender CD-ROM-Anschlussmöglichkeit) einzubauen. Leider habe ich so etwas nicht und die Preise, die teilweise für so Zeug aufgerufen werden, sind astronomisch hoch. Alternativ könnte man auch aus den Daten einzelne Floppy-Images basteln und versuchen, diese mit einem Diskettenlaufwerksemulator (z.B. „GoTek Floppy Emulator“) auf den PC zu bringen. Auch so ein Ding habe ich allerdings nicht. Wer völlig eskalieren möchte, der könnte auch auf die Idee kommen, via serieller Schnittstelle ein (virtuelles) Modem anzuschließen und den Retro-PC über Netzwerk mit einem anderen Rechner (Stichwort „Nullmodemkabel“) zu verbinden. Danke nein, alles viel zu kompliziert.

Ich befürchte wir kommen nicht drum herum, zumindest die Systemdateien (DOS und Windows) händisch per Diskette auf den Rechner zu übertragen, sodass das Betriebssystem wieder eigenständig von der Festplatte hochfährt. Die Spiele habe ich ja bereits fast alle auf Diskette, die sind eigentlich wieder recht fix installiert. Also gut, wir drehen die Uhr einfach mal um ca. zwei Stunden weiter. Ganze 10 Disketten (bzw. Kopier- und Löschvorgänge auf eine Diskette) hat es mich gekostet, bis die wichtigsten Systemdateien übertragen waren:

Immerhin, zumindest läuft der Rechner jetzt wieder – und das sogar ganz ohne Startdiskette! 🙂

Not so fun Fact: Natürlich musste ich abschließend noch mit einer Bootdiskette und dem „SYS“-Befehl erneut den Bootsektor korrigieren, bzw. neu setzen. Ach ja, diese „DOS-Challenges“… 😀

Ok, das gilt zumindest für DOS. Windows ist leider etwas zickiger und schmeißt uns beim Startversuch gleich mal zwei gruselige Fehlermeldungen entgegen:

Auweia, ein inkompatibler Festplattentreiber und eine beschädigte Auslagerungsdatei? Das klingt nicht gut. Tatsächlich lassen sich die Probleme aber mit etwas „Hacking“ recht einfach beseitigen. Letztendlich müssen nur ein paar Einträge in der Datei „C:\WINDOWS\SYSTEM.INI“ editiert werden:

Mit nur zwei Zeilen Code sind der problematische Treiber und die Auslagerungsdatei deaktiviert und schon läuft auch Windows 3.1 wieder ohne Probleme. Was für ein Kampf! xD

Das ist schon verrückt. Wollten wir nicht eigentlich „nur“ eine neue Festplatte in den Computer einbauen, um uns ein paar weitere Spiele anzusehen? Stattdessen haben wir jetzt wie wild Festplatten in verschiedene Computer eingebaut, herumkonfiguriert, partitioniert, formatiert, DOS- und Windows-Probleme gelöst und zu guter Letzt mit einem Haufen Disketten jongliert. 😀

Was soll’s, dann schließen wir das Thema eben beim nächsten Mal ab. Vielleicht kommen wir dann auch endlich dazu, uns noch ein paar Spiele anzusehen! xD

In diesem Sinne – bis die Tage, ciao!