#164 – Game Boy Macro XL

Ernsthaft Leute – was hat es mit der Nintendo „DS-Flut“ zurzeit auf sich? Jahrelang habe ich von der Konsole kein Wort gehört und die letzten Monate fliegen mir die Teile förmlich zu. Zufall oder einfach nur Schicksal? 😀

Nachdem wir in Artikel 156 und 158 ja bereits fleißig an DS Lite-Konsolen herumgeschraubt haben, nehmen es wir heute mit dem originalen Modell, dem „Nintendo DS“ auf:

Uff – ist das Kunst oder kann das weg?! Und ich dachte der DS Lite aus Artikel 158 wäre in keinem guten Zustand mehr! 😀

Gut, dafür war der klappbare Kumpane sehr günstig. Genau genommen mehr oder weniger kostenlos, denn tatsächlich habe ich ihn als Tauschobjekt für ein paar Videospielanleitungen erhalten. Zustandsbeschreibung: „Defekt / nur Ersatzteile“. Ich denke es wird Zeit für eine erste Bestandsaufnahme! 😉

Zumindest scheint das mitgelieferte Netzteil seinen Dienst zu verrichten, denn es versorgt den DS mit Strom und lädt auch den Akku einwandfrei auf.

Die Konsole selbst ist da schon ein ganz anderes Kaliber. Das Teil hat definitiv schon die besten Jahre hinter sich! Neben den optischen Macken (Kratzer, Brüche, Abschürfungen, gebrochenes Scharnier) hat der DS zahlreiche technische Defekte. Der Touchscreen ist vollkommen zerkratzt und erkennt nur noch sporadisch Eingaben (eine Kalibrierung hat nichts gebracht). Apropos Eingaben – diese habe ich mit einem Bleistift gemacht, weil der dafür benötigte Stylus auch nicht mehr vorhanden ist.

Nachdem der DS zumindest nach Betätigung des Power-Buttons startet, ist mir sofort der defekte linke Lautsprecher aufgefallen. Das ist an und für sich kein Drama, weil selbst ein Lautsprecher macht so einen Lärm, dass man getrost auf den zweiten verzichten kann. Am meisten Sorgen machen mir aber die Fehler (defekte Pixel / Displayzeilen) im oberen und unteren Bildschirm. Diese Displays werden nicht mehr hergestellt und gut erhaltene Ersatzteile zu finden kann mitunter nicht ganz einfach (um nicht zu sagen teuer) werden…

Auf der positiven Seite steht, dass die Knöpfe, das Mainboard und der Akku in Ordnung sind. Betrachtet man den allgemeinen Zustand stellt sich trotzdem schon irgendwie die Frage, ob das Ding nicht lieber auf dem Elektroschrott landen sollte. Das wäre zwar schlecht für die Umwelt aber gut für meine Zeit und Nerven! 😉

Um ehrlich zu sein habe ich wirklich lange überlegt ob – und wenn ja wie – ich die Konsole überhaupt reparieren soll. Das klappbare Design des DS war irgendwie noch nie so richtig mein Fall und eigentlich habe ich habe ja bereits zwei funktionsfähige DS Lite, wozu also jetzt den Aufwand in eine komplexe Reparatur mit dem blöden Scharniermechanismus stecken?

Wie es der Zufall will, bin ich über ein nettes Projekt namens „Game Boy Macro XL“ gestoßen, welches mir erlaubt, das heruntergekommene Handheld ggf. doch noch sinnvoll einzusetzen. Die Idee des Macro-Projektes ist es, das klappbare Oberteil der Konsole zu entfernen und somit den DS mit nur noch einem Bildschirm als reine Game Boy Advance-Konsole zu verwenden. Klingt gut! 🙂

Fun Fact: Das „XL“ im Namen steht hierbei für den originalen Nintendo DS (auch gerne „Classic“ oder „Phat“ genannt). Dieser Umbau kann theoretisch auch mit dem DS Lite gemacht werden, dann heißt der daraus resultierende Game Boy nur „Game Boy Macro“. 🙂

Zugegeben, dadurch verliert man die Möglichkeit Nintendo DS Spiele zu spielen, weil man ja nur noch einen Bildschirm hat, aber ich denke damit kann ich leben. Ich spiele sowieso viel lieber Game Boy Advance als DS und wie immer soll das Projekt unter dem vollen „Low Budget“-Aspekt laufen, d.h. so wenig Geld wie möglich für Ersatzteile auszugeben. Es muss nicht perfekt werden, Hauptsache günstig – der DS selbst ist ja auch alles andere als perfekt! 🙂

Ok, mal überlegen – wie fangen wir an? Ich würde sagen bevor ich an dem Teil herumschraube, will ich prüfen, ob das Gerät überhaupt (noch) GBA-Module abspielen kann – nicht, dass der Slot auch noch defekt ist! 😀

Also nichts wie rein mit einem GBA-Modul (Pokémon Mystery Dungeon: Team Rot). Hm, zumindest wird erkannt, dass eine Cartridge eingelegt ist und das Spiel lässt sich auch starten. Blöd nur, dass zur Darstellung der obere Bildschirm verwendet wird. Das hilft uns wenig, weil wir ja die Oberseite des Gehäuses entfernen wollen! 😉

Gut, dass diese Funktion im Systemmenü umschalten lässt. Wenn man schon mal hier ist macht es auch Sinn, den DS auf „Auto-Modus“ einzustellen. So kommt nicht bei jedem Start erst das Systemmenü, sondern ein eingelegtes GBA-Modul wird sofort gestartet! 🙂

So sieht das doch schon viel besser aus! 🙂

Fun Fact: Da der Bildschirm im Foto recht dunkel aussieht, habe ich ihn nochmal ohne Blitz fotografiert. Tatsächlich wirkt das Bild „in Echt“ recht gut. Lediglich der darüber liegende verkratzte Touchscreen trübt den Gesamteindruck etwas.

Soweit so gut – jetzt könnten wir mit der Operation beginnen. Nachdem die Schrauben auf der Rückseite gelöst wurden, kann die Batterie samt Deckel sowie die hintere Gehäusehälfte entfernt werden – das Prozedere kennen wir ja bereits vom DS Lite.

Fun Fact: Beim Auseinanderbauen ist mir aufgefallen, dass auf der Rückseite ein Teil des Gehäuses einen leichten Bruch erlitten hat. Ich schwör es euch – ich war’s nicht! 😀 Zum Glück ist es nur ein kleiner Riss, der nicht weiter auffällt und die Funktion auch nicht beeinträchtigt.

Nachdem die Schultertasten entfernt wurden, müssen drei weitere Kreuzschlitzschrauben gelöst werden, welche die Platine im Gehäuse halten. Ebenso kann die WLAN-Antenne abgesteckt und die vier Flachbandkabel, welche die Bildschirme mit dem Mainboard verbinden gelöst werden. Zwei davon verstecken sich richtig fies unter dem rechten, etwas größeren Flachbandkabel. Hier ist wirklich höchste Vorsicht geboten nicht etwas kaputt zu machen – ich empfehle den Einsatz einer Pinzette und ggf. einem Schnaps zur Beruhigung der Nerven (und der zittrigen Hände)! 😛

Und schon können wir das Mainboard aus dem Gehäuse entfernen. Mensch, das ging ja fast mal einfach im Vergleich zu DS Lite! 😀

Fehlt nur noch die Oberseite. Moment mal, retrololo – hattest du nicht gesagt wir brauchen die Oberseite nicht mehr, da wir ja den DS nur als GBA mit einem Bildschirm verwenden wollen? Das ist korrekt, allerdings ist in der Unterseite ja kein Lautsprecher verbaut und ich denke mal etwas Sound wäre schon gut, oder? 😉

Wie man die Oberseite öffnet, zeige ich euch jetzt nicht nochmal, das geht genauso wie beim DS Lite. Letztendlich müssen wir nur die Platinen lösen um an den Lautsprecher heranzukommen.

Nun muss der rechte Lautsprecher mit zwei Leitungen versehen werden. Da ich keine neuen Kabel verwenden wollte, habe ich die bestehenden Drähte der Lautsprecherplatine abgelötet und an den rechten Lautsprecher angelötet. Der linke, defekte Lautsprecher sowie die restlichen Teile (Gehäuseoberhälfte, defekter Bildschirm, gebrochene Scharniere) landen im Müll, die sind leider nicht mehr zu retten.

Natürlich ist der DS nicht „von Haus aus“ auf den Betrieb mit nur einem Display ausgelegt. Dementsprechend müssen wir etwas „nachhelfen“, um das System zu überreden, mit nur einem angeschlossenen Bildschirm überhaupt hochzufahren! 😀 Tatsächlich ist die Sache aber relativ simpel, denn es muss lediglich ein 330 Ohm Widerstand an einer speziellen Stelle auf der Hauptplatine verlötet werden. Diesen allerdings so zu platzieren, dass er nicht im Gehäuse irgendwo aneckt oder Kurzschlüsse erzeugt, ist eine Kunst für sich. Letztendlich habe ich das Ding ganz gut auf der Rückseite der Platine untergebracht.

Nun sollten wir uns um den Sound kümmern. Den kleinen Lautsprecher haben wir ja bereits mit zwei Kabeln versehen. Diese müssen nun ebenfalls mit zwei speziellen Lötstellen auf der Hautplatine verbunden werden. Anschließend kann man die Kabel auf die Rückseite der Platine führen und den Speaker mit z.B. etwas Heißkleber an der Platine befestigen.

Damit der Lautsprecher ins Gehäuse passt, müssen ein paar Plastikteile entfernt werden. Auch müssen wir eine Möglichkeit schaffen den piepsigen Sound nach draußen zu lassen! 😉 Um das zu bewerkstelligen, habe ich mir eine Schablone ausgedruckt…

…und diese mit Tesafilm an der Gehäuserückseite befestigt. Mit einer Bohrmaschine samt Bohrständer habe ich dann die Löcher ins Gehäuse gebohrt. Puh – jetzt bloß nicht wackeln, sonst ist die Gehäuserückseite auch ganz schnell ein Fall für die Tonne! 😀 Durchatmen – es ist alles gut gegangen. Ich finde das Ergebnis kann sich sehen lassen! 🙂

Auch die Gehäuseoberseite will noch etwas bearbeitet werden – schließlich hängt da ja noch das gesamte Oberteil samt Bildschirm und defekten Scharnieren dran. Mit etwas Überzeugungskraft (Gewalt und einer großen Zange) konnte ich die Gehäuseoberseite befreien.

Jetzt ist nur die Frage, was man mit der blöden Kante, an der das Oberteil befestigt war macht? Optisch ist das jetzt nicht wirklich der Bringer… Letztendlich habe ich mich dazu entschieden die unebenen Stellen etwas abzufeilen und anschließend mit Isolierband zu überdecken. Nicht gerade optimal, aber ein neues Gehäuse kommt nicht in Frage – ihr wisst schon – „Low Budget“ und so… 😉

Fun Fact: Unabhängig vom Kostenfaktor ist leider auch die Qualität der nachgebauten Gehäuse von Drittherstellern für den DS Classic ziemlich mies. Meistens passen die Gehäusehälften nicht sauber zusammen oder das Plastik ist so weich, dass die Schrauben nicht vernünftig darin halten und das Gehäuse gleich zerstören. Ich denke ich mache nichts falsch, wenn ich mir das erspare! 😀

Aber dann kam mir die zündende Idee! Da ich keine Lust hatte die Scharniere auch noch mühsam wegzufeilen und vermutlich hässliche Rückstände und Kratzer zu hinterlassen, habe ich einfach eine kleine Metallstange dazwischen gepackt. Was sagt ihr zu dieser designtechnischen Meisterleistung? Meiner Meinung ein ganz klarer Kandidat für den Red Dot Design Award! 😛

Fun Fact: Ihr werdet es nicht glauben, aber das Stück Metall lag auf dem Boden der Werkstatt herum. Ich habe keine Ahnung woher es stammt oder für was es in seinem bisherigen Leben eingesetzt wurde, aber jetzt ist es ein Teil des Game Boys! Hat irgendwie was steampunkartiges… xD

Puh – nach dem ganzen Gebastel sollten wir prüfen, ob der DS wirklich mit einem Bildschirm läuft und der Lautsprecher noch funktioniert. Hierfür habe ich temporär die Rückseite befestigt und die Batterie eingelegt. Jetzt kann man eigentlich nur noch den Startknopf (links oben) drücken und beten, dass es funktioniert… Geil, es sieht gut aus! Zumindest springt der DS an, es ertönt der Start-Sound aus dem Lautsprecher und wir sehen ein Bild auf dem unteren Bildschirm. 🙂

Soweit so gut – jetzt sollten wir uns abschließend noch um das Problem mit den defekten Pixeln / Displayzeilen kümmern. Leider lässt sich das LCD nicht reparieren und wir kommen wohl nicht drum herum es zu auszutauschen. Doch woher bekomme ich einen Ersatz? Tja, was soll ich sagen, Leute? Manchmal frage ich mich echt, wieso ich mir Gedanken mache. Ein Blick in die „Projekte-die-man-mal-angehen-müsste“-Bastelkiste hätte gereicht. Schaut mal was ich da drin gefunden habe:

Irre oder? 😀 Um ehrlich zu sein, weiß ich gar nicht mehr so genau, was ich mit dem silbernen Kandidaten vorhatte. Aber mit seinem gebrochenen Scharnier und zwei intakten Bildschirmen eignet er sich perfekt als Organspender für unseren Game Boy Macro XL! 😉

Die Schritte, wie man das Teil auseinandernimmt, kennt ihr ja jetzt bereits, darum hier nur der „Schnelldurchlauf“. Konsole öffnen, Flachbandkabel lösen und oberen Bildschirm ausbauen:

Der Einbau, bzw. Austausch des Bildschirms erfolgt auch im Schnelldurchlauf: Flachbandkabel lösen, defekten Bildschirm ausbauen, neuen Bildschirm einsetzen, Flachbandkabel verbinden, Platine in das Gehäuse verpflanzen.

Jetzt die spannende Frage – hat sich der Aufwand gelohnt? YES – der Austauschbildschirm funktioniert und hat keine defekten Pixel – sehr cool! 🙂

Da es sich ja bei dem „Game Boy Macro XL“ der Marke Eigenbau um kein offizielles Modell von Nintendo handelt, gibt es logischerweise auch keine vorgefertigte Displayscheibe dafür. Aus diesem Grund habe ich die Displayscheibe des oberen Bildschirms ausgebaut und mit einer Feile so angepasst, dass sie auf die Innenseite des Gehäuseoberteils passt. So ist das Display gut vor Staub und Kratzern geschützt und es gibt keinen hässlichen Spalt zwischen Bildschirm und Gehäuse.

Fun Fact: Sollte der Bildschirm nicht richtig im Gehäuse sitzen, kann man dessen Rückseite mit etwas Klebe- oder Isolierband befestigen. Unabhängig vom Halt macht das Sinn um keine Kurzschlüsse durch die Lötpunkte des Lautsprechers zu erzeugen. Glaubt mir, ich spreche aus Erfahrung! 😀

Abschließend habe ich den DS wieder vollständig zusammengeschraubt. Natürlich musste ich sofort bei einer Runde Pokémon prüfen, ob auch alles ordentlich funktioniert. 😉

Um nicht in Verlegenheit zu kommen ein DS-Spiel in den Gameboy zu stecken (nur um dann festzustellen, dass es sich nicht spielen lässt), habe ich ein defektes DS-Modul genommen und als „Dummy“ in die Konsole gepackt:

Uff – endlich fertig. Schon lustig. Für den Laien sieht es nach einem sehr einfachen Projekt aus. Einfach den oberen Bildschirm abreißen und nur eine Teilfunktion der Konsole verwenden. In der Praxis war es jetzt leider doch etwas komplizierter. Auch nichts Neues – so ist es eigentlich immer! 😉

Aber ich denke ich kann mit dem Ergebnis zufrieden sein. Mir gefällt das Teil gut und wenn man ehrlich ist, war aus den bestehenden Teilen auch nicht mehr herauszuholen. ^^

In diesem Sinne – bis die Tage!

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