#291 – retro PC madness – Olivetti PCS 286 – II

Mann, das war ja ein ernüchternder Abschluss gegen Ende des letzten Beitrags. Ich hatte die Hoffnung, dass der Olivetti-PC trotz feuchter Kellerlagerung noch immer seinen Dienst verrichtet, aber eine kleine Explosion mit entsprechender Rauchentwicklung hat uns das Gegenteil bewiesen. Andererseits ist es eigentlich auch nicht wirklich überraschend, dass über 30 Jahre alte (schlecht gelagerte) Technik irgendwann den Geist aufgibt…

Vermutlich wäre jetzt der richtige Zeitpunkt, das Teil zu nehmen und am Wertstoffhof beim Elektroschrott abzugeben. Tatsächlich habe ich sehr lange überlegt und mehrfach mit mir gehadert, ob ich überhaupt einen Reparaturversuch starten sollte. Ich habe mich letztendlich dazu durchgerungen, dem kleinen Italiener noch eine Chance zu geben. Ich meine – schaut ihn euch doch mal an – ist er nicht putzig? 😀

Not so fun Fact: Natürlich habe ich versucht, das gute Stück nochmal anzuschalten, doch leider gibt die Kiste keinen Mucks mehr von sich. Die Frage ist – was machen wir jetzt? 🙁

Beim letzten Mal hatte ich ja vermutet, dass das Problem mit dem Netzteil zusammenhängen könnte. Um sicher zu gehen, müssen wir die Metallabdeckung des selbigen entfernen:

Die Stromversorgungseinheit ist an und für sich gar nicht so kompliziert aufgebaut und besteht (neben der Platine selbst) aus einer Reihe an verschiedensten Bauteilen wie z.B. Kondensatoren, Widerständen, Transistoren, einem Trafo, einem Brücken-Gleichrichter, ein paar Komponenten zur Filterung der Netzspannung sowie diversen anderen Kleinteilen.

Was sofort ins Auge fällt, sind ein paar verschmorte Teile – und das direkt an der Stelle, an welcher die Stromzuleitung auf der Platine ankommt!

Ebenso ist die 1A-Gerätesicherung (auch Feinsicherung genannt) geschmolzen. Eine defekte Sicherung wird meist durch einen Kurzschluss oder eine Überspannung im Netzteil ausgelöst.

Fun Fact: Wäre die Sicherung wirklich explodiert, würde das eher auf einen Kurzschluss hindeuten. Ist die Sicherung wie in unserem Fall dagegen geschmolzen, deutet das eher auf eine Überspannung hin.

Auch wenn es auf dem Foto so aussieht, als wären die beiden grauen Bauteile defekt, vermute ich eher, dass es den dahinterliegenden, goldfarbenen Funkentstörkondensator erwischt hat. Die beiden grauen Kondensatoren davor haben zwar den Dreck des explodierten Kondensators abbekommen, sollten aber eigentlich selbst nicht defekt sein, bzw. die Funktion der Schaltung selbst bei einem Defekt nicht weiter beeinflussen.

Soviel zu einer ersten Analyse. Die Frage ist – was machen wir jetzt mit dem Teil? Im Idealfall müsste man das Netzteil eins zu eins austauschen. Die Wahrscheinlichkeit, eines dieser speziellen Olivetti-Netzteile in einem funktionsfähigen Zustand zu finden, ist gleich Null – glaubt mir, ich habe lange danach gesucht. Natürlich lässt sich das Netzteil auch nicht einfach durch ein anderes, wesentlich geläufigeres AT-Netzteil ersetzen, denn die Italiener haben in dem PC eine Stromversorgungseinheit mit speziellem, proprietären Stecker samt entsprechend unbekannter Pinbelegung verbaut. Mann oh Mann, diese Italiener – das ist ja fast so schlimm, wie bei italienischen Autos (z.B. Alfa, Fiat). Außen hui, innen pfui! 😛

Somit bleibt uns nur noch eine Option übrig: Wir müssen es irgendwie schaffen, das defekte Netzteil zu reparieren. An dieser Stelle kann ich nur wieder darauf hinweisen, dass es für Laien (so wie den guten retrololo) grundsätzlich keine gute Idee ist, an Netzteilen, welche direkt an 230 Volt angeschlossen werden, herumzubasteln. Ernsthaft Leute – an den Kondensatoren am Netzeingang können – auch nach Abschaltung des Geräts – noch mehrere hunderte Volt anliegen. Wenn ihr euch bei so einer Reparatur nicht sicher seid, dann lasst besser die Finger von so Zeug.

Not so fun Fact: Ich habe mir schon öfter eine „Watsche“ (230-Volt-Stromschlag) abgeholt und eins kann ich euch sagen – das ist kein schönes Erlebnis! 😀

Habt ihr alle Warnungen gelesen und verstanden? Gut, dann können wir uns jetzt an den Austausch des Sicherheitskondensators wagen! 😛 Um das zu tun, müssen wir das Netzteil leider komplett ausbauen. Dafür müssen ein paar Schrauben und Steckverbinder gelöst werden. Was auf den Bildern so leicht aussieht, hat mich einiges an Zeit gekostet, weil das blöde Ding so eng in dem Gehäuse verbaut ist. Und natürlich ist jedes Kabel (z.B. die Zuleitungen zum Molex- und Berg-Stecker für Festplatte und Diskettenlaufwerk) und jeder Stecker anders. Alles wirkt irgendwie so „zufällig“…

Fun Fact: Es fühlt sich echt so an, als würde man an einem italienischen Auto herumschrauben! 😀

Aber gut, schlussendlich haben wir das Netzteil ja doch noch ausgebaut bekommen:

Wie ich vermutet habe, sind die grauen Kondensatoren nur durch die Explosion des goldfarbenen Funkentstörkondensators optisch in Mitleidenschaft gezogen worden. Mit etwas Alkohol und einem Lappen lässt sich der schwarze Ruß nämlich problemlos entfernen:

Da beide Sicherheitskondensatoren zur Entstörung nicht mehr den frischesten Eindruck machen, sollten wir sie vorsichtshalber auch beide tauschen. Leider musste ich recht lang suchen, um entsprechende Ersatzteile (0,47uF, 250V, X2) mit dem passenden Rastermaß (Abstand der beiden Anschlüsse zueinander) zu finden. Scheint so, als wären 27,5mm kein gebräuchliches Rastermaß für solche Bauteile. Ich schwöre es euch – diese Italiener! 😀

Zumindest lassen sich die neuen Bauteile recht leicht verlöten.

Fun Fact: Einen der alten Folienkondensatoren hat es richtig zerrissen. Ich vermute, dass er für die Explosion samt Rauchentwicklung verantwortlich war!

Anschließend sollten wir noch eine neue 1A-Sicherung einsetzen. Diese Dinger kann man zum Glück auch heute noch problemlos bei jedem Elektronikhändler erwerben. Ich habe vorsichtshalber gleich einen 10er-Pack (für 3€) gekauft, falls was schief geht und wir weitere Sicherungen zerschießen! 😀

Ob es das schon gewesen ist? Das lässt sich nur auf eine Weise herausfinden: Netzteil wieder einbauen, alle Stecker anstecken und mutig den Anschalter betätigen. In Deckung, Männer! 😛

Fun Fact: Eigentlich wäre es besser, das Netzteil erst mal so an den Strom zu hängen (ohne es an weiteren Komponenten wie dem Mainboard oder der Festplatte anzuschließen), doch leider sind so alte AT-Netzteile so konzipiert, dass sie zwingend etwas angeschlossene Last benötigen, um korrekt zu funktionieren und richtige Spannungswerte zu liefern.

Hm, immerhin fliegt nichts in die Luft, aber leider verweigert der Computer auch den Start. Selbst der Netzteillüfter läuft nicht an. Mist, und jetzt?! 🙁

Um ehrlich zu sein, war ich an diesem Punkt so weit, das Ding endgültig zu entsorgen, da ich beim Versuch, das Netzteil erneut auszubauen, an die Pole des Eingangskondensators gekommen bin und mir gleich den nächsten Stromschlag eingefangen habe. Das macht Spaß! 😀

Aber aufgeben ist nicht drin! Die Frage ist nur, was wir jetzt tun können. Im Endeffekt müsste man jetzt vermutlich Bauteil für Bauteil überprüfen, um herauszufinden, welches getauscht werden muss. Einige der Bauteile lassen sich mit einem Multimeter durchmessen, für andere (wie z.B. Kondensatoren) braucht es spezielle Messgeräte. Da ich darauf keine Lust habe, (und mir auch entsprechende Werkzeuge wie z.B. ein ESR-Messgerät zur Überprüfung der Kondensatoren fehlt), sollten wir als erstes mal die Spannungen am Mainboard überprüfen. Dafür habe ich noch mehr Schrauben gelöst und den PC mehr oder weniger fast komplett auseinandergenommen. So langsam bin ich skeptisch, ob wir das Ding jemals wieder zusammenbekommen. xD

Mit einem Multimeter können wir nun am Stecker, welcher das Netzteil mit dem Mainboard verbindet, die Spannungen, die an den einzelnen Adern anliegen, überprüfen. Tatsächlich konnte ich einige Spannungen messen, aber leider hat das Multimeter genau in dem Augenblick, in dem ich ein Foto geschossen habe „0.000“ angezeigt! Shit happens! 😀

Die 5 Volt Werte sehen alle gut aus, aber am 12 Volt Anschluss weicht mein Messergebnisse doch deutlich vom korrekten Wert ab. Irgendwas scheint noch nicht zu stimmen…

An dieser Stelle folgten weitere Stunden der Fehlersuche, bei der ich nicht so recht weitergekommen bin. Erst durch einen Hinweis in einem Forum, bin ich auf ein – eigentlich offensichtliches – Problem gestoßen. In diesem Bild versteckt sich der Fehler – könnt ihr ihn sehen? 😉

Für alle blinden unter euch (so wie mich): Tatsächlich haben wir unterhalb des Transistors drei kalte Lötstellen! Unfassbar… Ich habe mir die verdammte Platine mehrere Stunden angesehen, aber glaubt ihr, das wäre mir aufgefallen? Also gut, dann bauen wir das Netzteil eben nochmal aus und reparieren die Lötstellen des Transistors, das ist ja glücklicherweise schnell gemacht.

Mit wieder eingebautem Netzteil können wir jetzt nochmal einen Startversuch wagen. Tatsächlich springt der Lüfter an und der PC gibt durch zwei kurze Piepser ein Lebenszeichen von sich!

Fun Fact: Ich habe auch die Spannungen am Netzteilstecker überprüft. Tatsächlich bekommen wir jetzt auch am „roten Pin“ saubere 12 Volt geliefert! 🙂

Ich denke jetzt können wir es wagen, etwas Peripherie an den Computer anzuschließen. Dafür braucht es natürlich einen Bildschirm sowie eine Tastatur. Da ich derzeit keinen eigenen Monitor für den PC habe, verwenden wir einfach den 17“-„KFC Smile“-Monitor aus Artikel 251. Leider habe ich gerade auch keine farblich passende PS/2-Tastatur zur Hand, aber das schwarze Genius-Keyboard sollte es auch tun. Ob der PC tatsächlich startet? Und wenn ja – mit wie vielen Fehlermeldungen? 😛 Ich gebe es zu – ich bin richtig gespannt, was jetzt passiert! 😀

Tatsächlich! Wir bekommen ein Bild ausgegeben, sieht so aus als würde direkt nach dem Start der „POST“ (Power-on self-test) durchgeführt werden:

Die meisten Tests hat das System erstaunlicherweise auf Anhieb bestanden, doch leider werden die Festplatte sowie das Diskettenlaufwerk nicht erkannt und wir werden direkt in eine Art „BIOS-Setup“ weitergeleitet. Hier lässt sich erschreckend wenig konfigurieren, aber darauf will ich heute gar nicht weiter eingehen. Ich bin erst mal froh, bzw. erleichtert, dass der Rechner überhaupt wieder startet! 🙂

Eine Sache liegt mir da allerdings doch noch im Magen… Ich habe es leider nicht schnell genug fotografieren können, aber direkt nach dem Start kommt eine Fehlermeldung mit dem Text „CMOS TIME ERROR“. Auweia – der Klassiker! Ihr wisst es mittlerweile bestimmt auch schon – der Fehler deutet auf eine leere BIOS-Batterie hin. Auch das im Setupmenü aufblinkende Batterie-Symbol bestätigt diese Annahme:

Die Frage ist nur – wo befindet sich das Mistvieh? Erst nach einem erneuten Ausbau des Netzteils samt Trägerplatte, auf der sich auch das Diskettenlaufwerk und die Festplatte befinden, habe ich das Ding gefunden. Könnt ihr es auch erspähen? 🙂

Nooooooooooo…. Natürlich befindet sich auch auf dem Mainboard des Olivetti-PCs ein Dallas-RTC-Chip. Und natürlich ist das blöde Teil auch diesmal nicht gesockelt, sodass man es einfach abziehen und austauschen könnte. Und es kommt noch besser – auf dem Mainboard befindet sich keine Möglichkeit, eine externe Batterie anzuschließen. Hach, ist es nicht schön? 🙂 Nach all der Arbeit lächelt mich jetzt zum Feierabend der dreckige Dallas-RTC-Chip an. Ich bin mir nicht sicher, ob ich froh bin, dass die Kiste prinzipiell läuft, oder ob ich weinen soll, weil wir noch einiges an Arbeit vor uns haben… 😀

Egal. Das Problem lösen wir heute nicht mehr. Aber ist das nicht unfassbar? Schon wieder müssen wir einen Beitrag über einen alten PC mit einer defekten BIOS-Batterie beenden. Ich schwöre es euch – das ist nicht geplant und ergibt sich einfach zufällig so. Aber was soll’s – c’est la vie! 🙂

In diesem Sinne – bis die Tage, ciao!

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