#294 – retro PC madness – Olivetti PCS 286 – V

Ich gebe es zu – mittlerweile ist schon viel zu viel Zeit und Energie in den doch recht speziellen Olivetti-PC geflossen. Im Endeffekt war das nach der „Erstanalyse“ des Systems bereits absehbar, aber ich konnte mich einfach nicht zurückhalten, dem runtergerockten Italiener doch wieder auf die Beine zu helfen. Ist ja auch egal, denn mittlerweile haben wir ein lauffähiges System, welches mit Hilfe von XTIDE und der Etherlink-Netzwerkkarte direkt von Festplatte starten kann.

Gott sei Dank! Das bedeutet, es wird endlich Zeit, den Rechner wieder vollständig zusammen zu bauen. Damit die Schrauben, welche das Gehäuse zusammenhalten, später nicht den Schreibtisch verkratzen, habe ich noch ein paar Gummifüßchen auf die Unterseite geklebt:

Not so fun Fact: Es ist nicht zu fassen – selbst beim Zusammenbau hat sich das widerspenstige Stück italienische Technik noch massiv geweigert und ich musste erneut die Netzwerkkarte ausbauen, um überhaupt die äußere Hülle des Gehäuses verschrauben zu können. Crazy! 😀

Endlich geschafft. In Artikel 291 habe ich gesagt, dass ich keinen eigenen Bildschirm für den PC habe. Das geht natürlich nicht! 😛 Mittlerweile habe ich diesen schönen 15“ großen LG „Flatron LCD 563LE“ auftreiben können. Zugegeben – ein LCD-Bildschirm aus dem Jahre 2002 ist jetzt nicht gerade zeitgenössisch für einen 286er-PC, aber ich finde, durch seine beige (und recht klobige) Optik sollte er trotzdem gut zum Olivetti passen! 🙂

Was fehlt noch? Ach ja, eine passende Tastatur und im Idealfall eine Maus. Was haltet ihr von diesem, in Tschechien gefertigten, Cherry-Modell „ML-4400“?

Diese äußerst kompakte Tastatur zeichnet sich durch eine integrierte Maus aus! Kein Scherz – das kugelförmige schwarze Ding mit den zwei Tasten darunter ist tatsächlich eine vollintegrierte, serielle Maus. Angeschlossen wird die Tastatur-Maus-Kombination über zwei PS/2-Stecker – abgefahren! 😀

Fun Fact: Eigentlich hatte ich „nur“ nach einer möglichst kompakten Tastatur gesucht, das alte Cherry-Keyboard kam mir eher zufällig über den Weg. Optisch betrachtet hat es seine besten Tage hinter sich, aber seid ehrlich – hättet ihr dem Ding widerstehen können? Ich nicht! 😛

Also ich denke viel platzsparender kann man einen Desktop-PC samt Bildschirm, Maus und Tastatur kaum aufstellen, findet ihr nicht? Das ist auch gut so, denn so langsam wird der Keller voll! 😉

Den Inhalt der Festplatte haben wir ja schon in Artikel 273 bei der Aufarbeitung des Tema TC PCs erkundet. Im Endeffekt ist darauf MS-DOS in der Version 5.0 sowie Windows Version 3.1 installiert. DOS startet direkt ohne Probleme:

Windows ist da schon etwas zickiger. Ein Startversuch misslingt und wir bleiben auf einem rot gefärbten Bildschirm hängen. Woran liegt’s?

Beim Durchstöbern der „SYSTEM.INI“ im Windows-Verzeichnis bin ich auf die Lösung gekommen. Beim Tema TC Rechner hatten wir eine OAK-Grafikkarte verbaut und entsprechend proprietäre Treiber in den Windows-Systemeinstellungen aktiviert. Diese müssen wir nun über den Betriebssystem-Installationsdialog („setup.exe“ im Windows-Verzeichnis) wieder auf den VGA-Standard (samt Standardtreibern von Windows selbst) zurückstellen:

Prompt startet Windows 3.1 wieder ohne Probleme! 🙂

Aber ihr kennt mich – mit dieser Möchtegern-grafischen-Oberfläche wollen wir uns gar nicht weiter beschäftigen. Nichts wie zurück zu DOS. Schließlich wollten wir ja eigentlich testen, ob auch ein paar Spiele auf dem PC laufen. Den Anfang macht standesgemäß (wie bei fast jedem der bisherigen PC-Projekte) „Prehistorik“ aus dem Jahre 1991. Wow – mit 256 Farben im VGA-Modus sieht das Spiel echt top aus und läuft auch vollkommen flüssig:

Etwas schade ist nur, dass wir keinen Sound hören! Es kommen lediglich ein paar piepsige Töne aus dem PC, welche der PC Speaker von sich gibt. Ok – das macht Sinn, schließlich ist auch gar keine Soundkarte verbaut. Dementsprechend können wir auch keine Lautsprecher anschließen… 🙁

Moment mal – war da nicht noch eine mysteriöse ISA-Karte bei dem PC dabei, die wir nicht wieder eingebaut haben? Ich erinnere mich dunkel an Artikel 290… Aha, da ist das gute Stück ja:

Wie bereits erwähnt handelt es sich bei dem Ding um eine „MIDI-Schnittstellenkarte“ (MPU-401) vom Typ „CMS-401-II“ aus dem Jahre 1990. Mit Hilfe der Karte sollte sich ein externes MIDI-Gerät an dem PC betreiben lassen, über welches wir ein proprietäres MIDI-Signal empfangen und den Sound letztendlich an externen Lautsprechern ausgeben können müssten.

Klingt super – und wie funktioniert das? Als erstes sollten wir die Karte mal schnell wieder in den 8-Bit-ISA-Port des PCs einstecken. Ich gebe es offen zu – ich habe nur äußerst widerwillig den PC erneut aufgeschraubt! 😀

Mit verbauter Karte gibt es eigentlich nur noch eine Frage zu klären: Mit welchem Ding (also welchem Gerät) können wir jetzt MIDI-Signale vom PC empfangen? Irgendwie müssen wir ja etwas an die neunpolige D-Sub-Buchse anschließen, oder?

An dieser Stelle wird es leider kompliziert, denn zeitlich gesehen befinden wir uns in einer Ära, in welcher der „normale“ (heute bekannte) MIDI-Standard (General MIDI) noch nicht erfunden war. Trotzdem wurden schon fleißig Geräte diverser Hersteller gebaut, welche entsprechend eigene Standards erdacht haben. Hier die fünf populärsten Standards, welche auch im Bereich von PC-Spielen eingesetzt wurden:

Während „spätere“ Spiele (ca. ab Ende 1992) häufig auf den „Roland Sound Canvas“ (GS) Standard gesetzt haben, verwendeten frühere DOS-Spiele (ab 1988) den „Linear Arithmetic Synthesis“ (LA) Standard. Dieser wurde von einigen Herstellern sogar bis in das Jahr 1995 unterstützt, obwohl schon wieder ganz andere technische Möglichkeiten auf dem Markt waren.

Das Thema ist endlos kompliziert und ich möchte an der Stelle eigentlich auch gar nicht zu tief einsteigen. Letztendlich gibt es eine Vielzahl an Geräten, von welchen allerdings ein Großteil gar nicht mehr oder nur für hohe dreistellige Summen (!) zu bekommen ist. Da auf unserer Olivetti-Kiste samt 286er-CPU vermutlich nur ältere Spiele laufen, macht es Sinn, nach einem Gerät zu suchen, welches den LA-Standard unterstützt. Der „Klassiker“ in dieser Kategorie schimpft sich „Roland MT-32“:

Dieser Synthesizer von der Firma Roland hat einen gewissen Kultstatus unter „DOS-Gamern“ erreicht, weil viele Entwicklerstudios aus der Zeit (späte Achtziger, frühe Neunziger) Unterstützung für das Gerät in ihre Spiele einbauten, um eine möglichst hohe Soundqualität für ihre Spiele zu erzielen. Ich kann euch gar nicht sagen, wie lang ich nach dem Teil suchen musste, um es zu einem halbwegs akzeptablen Preis zu bekommen! 😀 Ist aber auch egal, denn mittlerweile steht das Ding ja hier. Jetzt müssen wir nur noch schaffen, das gute Stück an den PC anzuschließen.

Leider fehlt das passende Kabel, welches eigentlich bei unserer MIDI-Schnittstellenkarte dabei sein sollte. Da hilft nur eins: Wir müssen uns selbst eins bauen! Im Endeffekt benötigen wir nur eine neunpolige D-Sub-Buchse, ein Stück Kabel, sowie einen fünfpoligen DIN-Stecker. Ein Kabel mit entsprechender Buchse liegt hier sowieso noch ungenutzt herum (ich bin mir gar nicht sicher, für was das eigentlich gut ist) und ein lötbarer DIN-Stecker ist schnell für drei Euro bei eBay gekauft:

Bleibt nur die Frage zu klären, wie das Kabel, bzw. die einzelnen Pins der Stecker belegt werden müssen. Die Recherche, um das geeignete Pin-Layout für das Kabel zu finden, war, gelinde gesagt, aufwändig. Sieht so aus, als hätten wir ein recht seltenes Kartenmodell, zu welchem es kaum Infos im Netz gibt. Klingt mal wieder nach einer fast unmöglichen Challenge – alles wie immer also! 😛

Ich trau es mich fast gar nicht zu sagen, aber im Endeffekt hat es mich mehrere Wochen (!) sowie zahlreiche Nachfragen in unterschiedlichen Internetforen gekostet, bis die korrekte Pinbelegung ermittelt war. Die ganzen Fails mit falsch verlöteten Adern, missverständlichen Grafiken, irrtümlichen Informationen über MIDI-Stecker und sonstigen Fehlschlägen erspare ich euch an der Stelle einfach mal. Ich gehe stark davon aus, dass das keine Sau interessiert, da vermutlich niemand so eine Karte besitzt, aber falls doch, ist hier das korrekte Pin-Layout zum Bau eines geeigneten Kabels:

Jetzt müssen wir nur noch aufklären, welcher Pin an der D-Sub-Buchse zu welcher Ader des Kabels führt. Mit einem Multimeter sowie einer aufgebogenen Büroklammer ist das kein Problem:

Das Kabel ist dann eigentlich auch relativ fix gebaut. Dafür müssen wir nur das Kabelende abschneiden, die einzelnen Adern isolieren, die notwendigen Leitungen am Stecker anlegen, diese dann verlöten und abschließend den Stecker mit Gehäuse und Ummantelung verschließen.

Not so fun Fact: Ich erzähle das alles hier so im „Schnelldurchlauf“, aber wie bereits erwähnt, musste ich den Stecker mehrfach umlöten, bis die korrekte Belegung gefunden war. So ist es eben manchmal bei so Bastelprojekten, zu denen es kaum Informationen online gibt! 🙂

Mit dem frisch gebastelten Kabel lässt sich der MT-32 direkt an unserer MIDI-Karte anschließen:

Mal überlegen, was fehlt noch? Richtig – ein Lautsprecher! Schließlich muss das Signal vom Roland-Synthesizer ja auch irgendwie ausgegeben werden. Da ich nichts anderes zur Hand hatte, habe ich die kleine Yamaha-Box (Modell „AA5“) aus Artikel 41 herausgekramt und über ein Klinkenkabel samt zweier Mono-Stecker (als Eingang für den MT-32) am Roland-Synthesizer angeschlossen:

Schon ein abgefahrenes Setup! 😀 Aber funktioniert es auch?

Um das zu testen, benötigen wir die Software „playmid“. Mit diesem kleinen Audioplayer lassen sich vom DOS-Prompt aus MIDI-Dateien wiedergeben. Ist das nicht abgefahren? 🙂

Und tatsächlich… Der Roland MT-32 erkennt das Signal vom PC, gibt den Sound über den Yamaha-Lautsprecher aus und zeigt passend dazu Werte auf seiner LCD-Anzeige an:

Not so fun Fact: Natürlich ist es eher schwierig, eine Soundausgabe in einem Textbeitrag darzustellen, aber im Endeffekt hören sich die MIDI-Files über den MT-32 richtig top an – eigentlich genau so, als würde man ein MIDI-Keyboard oder ähnliche Geräte verwenden. 🙂

Ende gut, alles gut. Ich kann euch gar nicht sagen, wie sehr ich mich darauf freue, dass wir beim nächsten Mal versuchen können, ein paar der alten Spiele mit MIDI-Soundtrack zum Laufen zu bekommen! 🙂

In diesem Sinne – bis die Tage, ciao!

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