#295 – retro PC madness – Olivetti PCS 286 – VI

Endlich ist die Arbeit am Olivetti-PC getan und wir können uns den schönen Dingen des Lebens widmen: Alten Videospielen! 😛

In Artikel 294 haben wir ja bereits den Jump ’n’ Run-Klassiker „Prehistorik“ auf der italienischen Diva zum Laufen gebracht. Dank verbauter MIDI-Schnittstellenkarte und Roland MT-32-Synthesizer können wir – sofern wir die Soundausgabe auf dem externen Gerät in den Spieleinstellungen aktivieren – nun tatsächlich die Spielmusik über den Synthesizer wiedergeben.

Ich habe den Soundtrack von Prehistorik vermutlich schon so in ziemlich jeder Variation gehört, sei es nun über den PC Speaker, eine AdLib-Soundkarte, einen Soundblaster oder eine Gravis Ultrasound Karte. Keine der angesprochenen Karten kommt auch nur ansatzweise an die Ausgabequalität des MT-32 heran. Man kann richtig die einzelnen Instrumente des Stücks erkennen! Klar, in Zeiten von verlustfreier Audiokompression und orchestralen Soundtracks wirkt das augenscheinlich lächerlich, aber glaubt mir – so eine ausgefallene akustische Untermalung bei so einem alten PC-Spiel zu erleben war (und ist bis heute) etwas Besonderes! 🙂

So? Was ist denn daran so außergewöhnlich? Nun, man muss bedenken, zu welcher Zeit diese Technologie bereits zur Verfügung stand! Wie bereits erwähnt, befinden wir uns in einer Zeit, in der das heute bekannte MIDI-Format (General MIDI) noch nicht erfunden war und jeder Hersteller sein eigenes Süppchen kochte. Roland war Vorreiter mit seiner MPU-401 genannten Schnittstelle, welche in Form einer „Breakout Box“ verkauft wurde. Diese Box wurde zwischen einen MIDI-Sequenzer und die im PC verbaute ISA-Karte geschaltet.

Fun Fact: Unsere CMS-401-II-MIDI-Schnittstellenkarte ist das Produkt eines Drittherstellers, welches bereits die Funktion so einer Breakout-Box direkt auf der ISA-Karte vereint. Dadurch können wir uns die externe Box sparen und den PC direkt an den MT-32-Synthesizer (mit Hilfe unseres in Artikel 294 gebauten Kabels) anschließen. Ist das nicht cool? Besonders krass finde ich die Tatsache, dass das Ding unter DOS komplett ohne Treiber auskommt! 🙂

Ein Vorteil der MPU-401-Schnittstelle war, dass sie dem PC einiges an Arbeit für die CPU abnahm, indem sie dem Computer Dinge wie einen 8-Spur-Sequenzer, ein Metronom oder die Ausgabe von Synchronisationsimpulsen zur Verfügung stellte. Dieser oft auch als „intelligent mode“ betitelte Modus wird von vielen älteren Spielen verwendet. Alternativ kann Die MPU-401 auch im „UART-Modus“ laufen. Dabei werden lediglich ein- und ausgehende Datenbytes weitergeleitet, ohne dass die Box (oder die ISA-Karte) irgendwie eingreift. Spätere (leistungsfähigere) Rechnergenerationen (z.B. 386 und 486) ersetzen die Hardware-Lösung des „intelligent Mode“ durch Softwareroutinen und arbeiten so ausschließlich im UART-Modus.

Oh Mann… Wollten wir uns nicht eigentlich ein paar Spiele ansehen? Da ist doch „jemand“ schon wieder hart in die Theorie abgedriftet! 😛 Wartet – ich bekomme gleich die Kurve zurück zu Prehistorik, versprochen! 😉 Warum ist der Betriebsmodus der Schnittstelle denn wichtig für die Spiele? Nun, im Falle von Prehistorik wird dieser intelligente Modus aktiv verwendet um zusätzlich Soundeffekte über den MT-32 mit auszugeben. So können wir z.B. das Klingeln beim Einsammeln von Obst und Früchten oder das „Klopp“-Geräusch unserer Holzkeule hören, wenn sie auf einen Dinosaurierkopf einschlägt. Würde das Spiel nur den UART-Modus verwenden, wäre das nicht möglich und wir hätten ausschließlich Hintergrundmusik über den MIDI-Synthesizer zur Verfügung.

Allerdings bedeutet das nicht, dass sämtliche Spiele, welche im intelligenten Modus laufen auch Soundeffekte über den MT-32 ausgeben. Das alles ist stark abhängig davon, wie der jeweilige Hersteller das Spiel, bzw. die akustische Untermalung programmiert hat. Bei jedem Spiel kann man entsprechend die gleichen Fragen stellen: Wird der „intelligent mode“ überhaupt verwendet? Wenn ja, für was? Wird ggf. zusätzliche Hardware benötigt? Einige Entwicklerstudios haben die Soundeffekte einfach über den PC Speaker mit ausgegeben. Im dümmsten Fall wurde explizit für Soundeffekte noch zusätzlich eine weitere Soundkarte im PC (z.B. ein Sound Blaster) benötigt. Eines ist mal klar – wollte man Ende der Achtziger und Anfang der Neunziger tollen Sound bei seinen Videospielen hören, musste man tief in die Tasche greifen… 😀

Fun Fact: Nicht umsonst zählte (und zählt!) die Verwendung eines externen MIDI-Geräts samt originaler Hardware für DOS-Gamer zur absoluten Königsklasse! 😉

So, jetzt aber wirklich schnell zurück zu den Spielen. Im Endeffekt müssen wir also nach Titeln Ausschau halten, die auf den Roland LA-Standard (siehe Artikel 294) setzen und auf unserem 286er laufen. Ein Spiel, welches wir bereits sehr genau in Artikel 279 unter die Lupe genommen haben ist „The Incredible Machine“ von Entwickler Dynamix aus dem Jahr 1992. Das Puzzlespiel sollte gerade noch so auf unserer Kiste laufen und glücklicherweise haben wir in Artikel 280 ja auch ein kleines Skript geschrieben, mit welchem wir das Spiel jetzt bequem von Diskette installieren können! 🙂

Tatsache, es läuft! Man merkt allerdings schon, dass der PC ins Schwitzen kommt und das Ganze nicht zu 100% ruckelfrei läuft. Das ist aber auch egal, denn dafür ist die Hintergrundmusik cool 🙂

Ein Spiel, welches mich natürlich brennend interessiert, ist der Adventure-Klassiker „The Secret of Monkey Island“. Analog zu Prehistorik habe ich dessen Soundtrack schon in sämtlichen Variationen gehört, nur die legendäre MT-32-Version fehlt noch. Um in den Genuss der MIDI-Ausgabe zu kommen, muss das Spiel lediglich mit dem Parameter „r“ gestartet werden:

Und was soll ich sagen? Bereits die Akustik des Intro-Themas lässt mich staunen. Es ist wirklich ein komisches, aber doch tolles Gefühl, ein DOS-Spiel mit so einem klaren Sound zu hören. xD

Fun Fact: Auf dem Olivetti-PC habe ich gleich die spätere 256-Farben-VGA-Version von Monkey Island aufgespielt. Hätten wir die altere EGA-Version des Spiels (mit 16 Farben) installiert, müssten wir erst mit Hilfe eines Patches den Support für den Roland MT-32 nachinstallieren.

Was mir beim Anzocken des Spiels aufgefallen ist, ist die Tatsache, dass auf der LCD-Anzeige des MT-32 je nach Spielsituation (mit Hilfe von Steuersignalen vom PC aus) immer wieder die verwendeten Instrumente wechseln. Über diesen Weg können bis zu acht verschiedene Synthesizer-Parts und ein Rhythmus-Part gleichzeitig aus einer Bibliothek von 128 Synthesizer- und 30-Rhythmuskanälen ausgewählt und gespielt werden. Reichlich Auswahl für Videospielentwickler, um für den Kunden eine möglichst gelungene, akustische Untermalung ihres Spiels zu erschaffen.

Fun Fact: Der MT-32 kann bis zu 32 Töne gleichzeitig abspielen, so erklärt sich auch der Name des Geräts! 😉

Auch der Nachfolger, „Monkey Island 2: LeChuck’s Revenge“ lässt sich auf dem Italiener zum Laufen bringen. Auch hier ist das Intro für mich das absolute Highlight, wenn auch es im späteren Spielverlauf einige echt coole Stücke gibt.

Diesmal wurde die Anzeige des Synthesizers sogar dazu verwendet, um den Firmennamen darzustellen. Cool! 🙂

Fun Fact: Zum damaligen Zeitpunkt hieß die von von George Lucas ins Leben gerufene, hauseigene Spieleschmiede noch „Lucasfilm Games“. Das Entwicklerstudio wurde erst im Laufe des Jahres 1991 in den später gebräuchlicheren Namen „LucasArts“ umbenannt.

Gerade die frühen Sierra-Spiele waren dafür bekannt, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen. Ihr glaubt mir nicht? Hier hätte ich z.B. „Leisure Suit Larry 3: Passionate Patti in Pursuit of the Pulsating Pectorals“ aus dem Jahre 1989. Damit Loser Larry auf der Jagd nach Frauenherzen mit bester MIDI-Akustik begleitet wird, müssen wir im beigelegten Sierra-Setup den Roland-Synthesizer, in den Soundoptionen auswählen:

Larrys drittes Abenteuer ist der erste Teil, welcher auch mit deutscher Sprache (also Texten) samt eingedeutschtem Titel (Passionate Patti auf der Suche nach vibrierenden Muskeln!) erschienen ist.

Not so fun Fact: Zu Beginn des Spiels wird mit Hilfe von fünf Fragen festgestellt, ob man alt genug ist, das Spiel zu spielen. Unabhängig davon wird an mehreren Stellen im Spiel nach Daten aus dem Handbuch gefragt. Na das nenne ich mal einen hartnäckigen Kopierschutz!

Die Entwickler haben versucht, das Mini-Display des Synthesizers in verschiedene Spielsituationen mit einzubinden und mehr oder weniger sinnige, meist eher humorvolle Texte einzublenden. So werden wir z.B. aufgefordert, nach Beenden des Spiels zusammen zum Mittagessen zu gehen! 😀

Auch bei Larrys nächstem Abenteuer (ironischerweise als „Leisure Suit Larry 5: Passionate Patti macht beim Geheimdienst mit“ betitelt)…

…haben es sich die Sierra-Programmiere nicht nehmen lassen einen Hinweis auf den fehlenden vierten Teil einzubauen. Ich vermute, dass Serienschöpfer „Al Lowe“ hinter diesem Gag steckt! 😉

Und wenn wir schon beim guten Larry sind: Auch im Remake von Teil 1 aus dem Jahre 1991 werden – neben dem perfekt auf dem Roland-Synthesizer umgesetzten Intro-Thema…

…ein paar alberne Zeilen auf dessen Display ausgegeben:

Diesmal können wir zumindest die Altersabfrage per Tastenkombination STRG+ALT+X überspringen…

…bevor uns dann aber doch eine Frage (als Kopierschutz) gestellt wird, die nur mit Hilfe des Handbuches beantwortet werden kann. Tja, so ist das Leben. 🙂

Doch nicht nur Sierra und LucasArts waren kreativ und bauten Support für den hochpreisigen Roland-Synthesizer ein. Der 1990 für DOS erschienene Spiele-Klassiker „Prince of Persia“ von Jordan Mechner begrüßt uns gleich mal während des Ladevorgangs mit den Worten „The Princess awaits“…

…bevor wir ins Spiel einsteigen und dessen ikonisches Intro-Thema in bester „MIDI-Manier“ genießen können:

Das funktioniert allerdings nur, wenn wir Version 1.3 des Spiels installieren, denn nur bei dieser expliziten Version wurde der Support für den MT-32-Synthesizer als auswählbare Option in einem Konfigurationsmenü eingebaut. Puh, das muss man wissen! 😀

Hm, mal überlegen. Welches Spiel könnten wir noch testen? Moment mal, was ist denn das?! Es sieht so aus, als wäre durch die Installation der bisherigen Spiele unsere 89MB große (bzw. kleine) Seagate ST3096A-Platte mittlerweile randvoll. Schlappe 160kB sind noch frei! 🙁

Uff, das ist schade, denn tatsächlich hätte ich noch das ein oder andere Spiel auf dem Wunschzettel, welches ich in Kombination mit Olivetti-PC und dem Roland MT-32 ausprobieren wollen würde. Na, um das Problem kümmern wir uns beim nächsten Mal – ich glaube ich habe da auch schon so eine Idee, wie wir dem Rechner noch etwas mehr Speicherplatz spendieren können… 😉

In diesem Sinne – bis die Tage, ciao!

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